Flaschenangriff auf vermeintliche Antifaschist*innen in Aachen und neue Naziaktivitäten im Viertel
In den vergangenen Tagen kam es in Aachen wieder zu erneuten Angriffen und Drohungen von Neo-Nazis. Betroffen sind davon nicht nur wir, als Autonomes Zentrum, sondern auch der Infoladen sowie Menschen, die von den Nazis der linken Szene zugeordnet werden und mit denen wir uns natürlich entschieden solidarisch verhalten. Die Nazis begingen Sachbeschädigungen, sprühten ihren Nazischeiß an Wände im Viertel und griffen Menschen direkt an. Alles keine Neuheiten, kleinere und größere Vorkommnisse, die wir leider gewohnt sind. Sie sind wie eine umherschwirrende Fliege, die eine nervt. Auch wenn das für uns seit vielen Jahren Alltag ist, nehmen wir das nicht hin. Bereits vor wenigen Monaten verfassten wir eine längere Stellungnahme zu den vergangenen Nazi-Aktivitäten und Angriffen [1], nun schreiben wir die Nächste.
In der Nacht vom 19. auf den 20. Dezember 2020 kam es zu mehreren Angriffen durch Neo-Nazis gegen vermeintliche Antifaschist*innen sowie gegen das AZ selbst. Um circa 22:40 Uhr gingen zwei Menschen in der Hackländerstraße zu ihrem Auto und bemerkten dabei zwei in schwarz gekleidete Personen in einem kleinen Schleichweg zwischen der Römer- und der Hackländerstraße. Als sie in ihr Auto steigen wollten, bewegten sich die schwarz gekleideten Personen in Richtung Bahnhofsunterführung und schauten sich auffällig häufig um. Kurze Zeit später rannten sie mit einer Flasche bewaffnet aus der Unterführung heraus auf das Auto zu, schmissen die Flasche und verfehlten die Menschen nur knapp. Die angegriffenen Menschen waren zuvor im AZ gewesen, um gespendete Kleidung und Hygieneartikel zu sortieren und hatten diese zum Cafe´ Plattform gebracht. Dies war öffentlich bekannt.[2]
Am nächsten Tag stellten wir fest, dass auch unser Briefkasten sowie unsere Klingel wieder einmal zerstört worden waren. Wie bereits im Sommer war außerdem versucht worden, die Scheiben der Eingangstür des AZ zu demolieren, was den Angreifenden dieses Mal jedoch nicht gelang. Darüber hinaus wurden in der gesamten Hackländerstraße Sticker der extrem rechten Partei „Die Rechte“, des „Syndikat 52“ (Nachfolgeorganisation der verbotenen Kameradschaft Aachener Land) sowie Sticker mit der Aufschrift „Freiheit für Ursula Haverbeck“ (mehrfach verurteilte Holocaustleugnerin) entdeckt. Diese entfernten wir umgehend.
Auch der Infoladen Aachen, eine anarchistische Bibliothek im Frankenberger Viertel, wurde in dieser Nacht mit Nazi-Stickern beklebt und der vor der Tür stehende Aschenbecher wurde gegen die Tür geworfen.
In der Nacht vom 25. auf den 26.12. kam es zu weiteren Nazi-Schmierereien im Frankenberger Viertel. Der Infoladen Aachen wurde mit „88“ (Code für Heil Hitler) und „Huren“ beschmiert. Zwischen der Bachstraße und Wahrmweiherstraße am Viadukt wurden Hakenkreuze sowie „Combat 18“ (bewaffneter Arm vom Blood and Honour, 18 steht für die Initialen von Adolf Hilter) auf Wände gesprüht. Die durch die Bank weg schlechten “Graffitis“ der Nazis am Infoladen Aachen wurden im Laufe des folgenden Tages übermalt, was Kayhan Henning – einem Neonazi aus Aachen, der seit einiger Zeit in der Szene verkehrt und bei Angriffen auf vermeintliche Antifaschist*innen beteiligt war – wohl so gut gefiel, dass er am Abend des 26.12. dabei gesehen wurde, wie er den neuen Schriftzug fotografierte.
Weiter kam es in Nacht vom 26. auf den 27.12. zu weiteren Nazi-Sprühereien direkt am AZ. Dieses Mal schmierten die Nazis mehrere Namen an die Wand neben den Eingang des AZs sowie eine Gibor-Rune, auch bekannt als „Wolfsangel“ und die Worte „Jagd Start“ auf die Eingangstür. Historisch diente die „Wolfsangel“ als Erkennungszeichen einer SS Unterorganisation, die hinter der Front den Untergrundkampf gegen die einrückenden Alliierten führen sollte. Heute wird die Rune in neonazistischen Kreisen verwendet, um sich darauf zu beziehen, und insbesondere, um politische Gegner*innen zu bedrohen. Aus unserer Sicht kann die Kombination aus Rune und Schriftzug eindeutig als (Mord-)Drohung sowohl gegen die genannten Personen, stellvertretend für alle Antifaschist*innen, als auch gegen das AZ als linkem subkulturellen Raum verstanden werden. Es trifft einzelne, gemeint sind alle.
Angriffe auf Antifaschist*innen und politisch Andersdenkende sind in Aachen seit Jahren gang und gebe. Aachen hat nach wie vor ein Naziproblem, weshalb wir nicht müde werden, klar zu machen (auch wenn wir uns wiederholen), dass solche Aktivitäten von Neonazis keine „Streiche“ oder „Schreie nach Liebe“ sind, sondern ein klarer Angriff auf die Gesellschaft der Vielen. Dem setzen wir uns nach wie vor entschieden entgegen, indem wir die Taten öffentlich anprangern, verurteilen und für ihre zukünftige Verhinderung auf die Unterstützung aller solidarisch gesonnenen Menschen bauen.
Fight the Nazi Scum,
für immer euer
Autonomes Zentrum Aachen
[2] siehe Spendenaufruf vom AZ für das Café Plattform: https://az-aachen.de/2020/12/15/altkleider-hygieneartikel-und-geldspendenaufruf/